Das verschüttete Dorf
Ein heißer Junisonnentag,
Wie Säulen grade stieg der Rauch.
Der feiste Friedensengel lag
Verschlafen unterm Faulbeerstrauch.
Die heilige Cyrilla ging
Am leeren Strande hin und her.
Es warf ihr Aureolenring
Ein Goldkränzchen aufs blaue Meer.
Sie setzte sich auf einen Stein
Und nahm zwei Zoll hoch das Gewand
Und tauchte ihre Füße ein
Ins Wasser auf den weißen Sand.
Da kam vom nahen Dorf gelärmt
Ein bunter, lauter Hochzeitszug.
Der schrie, betrunken und verschwärmt:
Komm mit uns in den Nobiskrug.
Und tanz mit uns, verrückte Gret,
Du findest manchen schmucken Mann,
Der mit dir in die Blumen geht
Und dir was Liebes sagen kann.
Die Heilige hob zum Himmel auf
Die keusche, jungfräuliche Stirn.
Zurück wälzt sich der wilde Hauf
Vom Ufer wie verworrner Zwirn.
Der Abend sinkt. Und seine Glut
Verglüht, verwelkt und sagt Ade.
Da schwimmen plötzlich durch die Flut
Zwei Stiere fernher durch die See.
Ans Ufer schnaufen sie voll Zorn
Und schütteln sich die Tropfen ab
Und wühlen dann mit Huf und Horn
Die Erde auf als wie zum Grab.
Die Erde aber fliegt weithin
Und deckt das Dorf geschwinde zu.
Und all der Greuellärm darin
Ist bald verhallt in Todesruh.
Der volle Mond steht wolkenrein,
Die Stiere stapfen rechts und links
Vom Fräulein mit dem Gnadenschein
Durch all die starre Stille rings.
Die Heilige hat zu guter dritt
Der mächtigen Tiere Hals umspannt.
So schreitet sie mit sicherm Schritt
Hinüber ins Legendenland.